2. Quartal 2022 – Die Nachfrage am Frankfurter Büromarkt steigt, bleibt aber hinter dem Vorkrisen-Niveau zurück
Frankfurt / 01.07.2022
Der Flächenumsatz im Bürovermietungsmarkt Frankfurt liegt mit rund 216.200 m² und 347 Mietverträgen über den beiden ersten Halbjahren 2020 und 2021, die stark von der Corona-Pandemie geprägt waren, aber noch unter dem Vorkrisen-Niveau. Größter Deal bleibt der Baustart des Eigennutzers GIZ in Eschborn über rund 28.000 m². „Weitere Mega-Deals sind in diesem Jahr voraussichtlich auch nicht mehr zu erwarten, aber die Nachfrage im mittleren Flächensegment ist gut“, sagt Kevin Nguyen, Head of Brokerage bei blackolive. „Das zeigt auch der vor wenigen Tagen abgeschlossene Vertrag über rund 10.000 m² im Projekt TAURUS. Die Fläche sicherte sich ein Finanzdienstleister“, führt Nguyen weiter aus.
Mittleres Flächensegment weiterhin stark, CBD kehrt zu alter Form zurück
In der Flächenklasse 2.001 m² bis 5.000 m² hat sich die Vermietungsleistung gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 mehr als verdoppelt. Die gute Nachfrage in diesem Bereich verteilt sich blackolive Recherchen nach über das gesamte Büromarktgebiet. Das kleine Flächensegment bis 1.000 m² ist wie üblich die tragende Säule des Frankfurter Büromarkts und konnte nochmal gegenüber dem Vorjahreszeitraum 20 % zulegen. „Deals in dieser Größenklasse waren für fast die Hälfte des Gesamtumsatzes verantwortlich“, erklärt Kevin Nguyen. Der Frankfurter Central Business District (CBD), der Anfang des Jahres noch etwas schwächelte, scheint sich zu alter Stärke aufzuschwingen, ein gutes Drittel des Flächenumsatzes wurde laut den Erhebungen von blackolive in diesem Bereich abgeschlossen. Finanzdienstleister und Beratungsunternehmen sind dort überdurchschnittlich oft vertreten, da sie Flächen in qualitativ hochwertigen Objekten in Prestigelage bevorzugen. Das zeigen auch die größeren Anmietungen in Projekten und Refurbishments. Die Anwaltskanzlei Noerr hat sich für rund 8.700 m² im ehemaligen BHF-Hochhaus, welches unter dem Namen CENTRAL PARX vermarktet wird, in direkter Nachbarschaft zum Opernplatz entschieden. Das Hochhaus wird bis 2028 vollumfänglich saniert und wird dann in den oberen Etagen zum neuen Firmensitz des Beratungsunternehmens. „Die schon erwähnte Anmietung des Finanzdienstleisters im Projekt TAURUS am Börsenplatz im Herzen der Frankfurter Innenstadt ist ebenfalls ein Beleg dafür“, sagt der Vermietungsleiter Nguyen von blackolive.
Finanzdienstleister führen das Feld an, Branchen-Mix bleibt
In den letzten Jahren waren Finanzdienstleister nicht mehr die Platzhirsche am Frankfurter Büromarkt, aber immer ein fester Bestandteil der Bankenstadt. Das zeigt auch das erste Halbjahr 2022 wieder, sie konnten ein Viertel des Gesamtumsatzes für sich verbuchen. Zweitstärkste Branche waren Unternehmen der öffentlichen Hand. Die meisten Verträge (48) schloss die Branche Bau- und Immobiliendienstleister ab, dicht gefolgt von Finanzdienstleistern und Beratern mit jeweils 44 Abschlüssen, das ergaben die Recherchen von blackolive. Außerdem spielen am Frankfurter Markt zunehmend Technologie-Unternehmen eine größere Rolle. Die Pandemie hat allerorts einen Digitalisierungsschub ausgelöst, dies ist auch in der Nachfrage der in dieser Branche tätigen Unternehmen abzulesen, sie schlossen im ersten Halbjahr 30 Verträge mit einem Volumen von rund 18.000 m².
Mieten weiter gestiegen
Die Durchschnittsmiete ist gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 um 0,70 €/m² auf 22,60 €/m² gestiegen, zwei größere hochpreisige Abschlüsse in Projekten im zweiten Quartal 2022 trugen hierzu maßgeblich bei. Die Spitzenmiete hat ebenfalls zugelegt und liegt aktuell bei 46,20 €/m², das entspricht einem Plus von1,20 €/m² gegenüber dem zweiten Quartal 2021. „Die Mietpreise in Top-Objekten werden hoch bleiben, die Eigentümer und Projektentwickler werden die gestiegenen Baukosten nach und nach dem Mieter weiterbelasten müssen. Das ist bei den massiv gestiegenen Preisen unumgänglich“, erklärt Kevin Nguyen.
Leerstand leicht rückläufig
Schon im ersten Quartal war eine Verlangsamung bei der Zunahme des Leerstands zu erkennen, der Leerstand hat sich im 2. Quartal sogar reduziert, sodass aktuell rund 936.600 m² für einen Anmietung innerhalb von drei Monaten zur Verfügung stehen, die Leerstandsquote liegt zum Ende des ersten Halbjahrs bei 8,0 % und damit 0,5 % unter dem Wert von vor einem Jahr. „Dieser weitere Rückgang des Leerstands ist nur zum Teil auf Vermietungen zurückzuführen, denn viele größere Anmietungen in jüngerer Zeit fanden in Projekten statt“, sagt der Vermietungsleiter von blackolive, Kevin Nguyen. Teilweise fielen durch den Beginn einer Sanierung große Flächen aus dem Leerstand, wie etwa geschehen im Falle der rund 45.000 m² großen ehemaligen Deutschen Bahn Zentrale in der Stephensonstraße. Darüber hinaus hat auch die geringe Fertigstellungsleistung des ersten Halbjahres 2022 dazu beigetragen, als einziges größeres Objekt wurde der zweite Bauabschnitt des Neubaus für die DEKA in der Lyoner Straße 13 im zweiten Quartal fertiggestellt. Die Leerstandsentwicklung in den einzelnen Teilmärkten ist sehr unterschiedlich. Während es im Teilmarkt Frankfurt West unter anderem auf Grund der oben angesprochenen Sanierung zu deutlichen Rückgängen kam, mussten der Teilmarkt City West und der Bereich City Rand eine deutliche Zunahme hinnehmen, da beispielsweise Deloitte ihre Zentrale ins Europaviertel verlegte und die Commerzbank vorzeitig größere Flächen zurückgegeben hat. Der Umzug der französischen Großbank BNP Paribas S.A. aus dem Europaviertel in den Senckenberg-Turm hat dort ebenfalls zu dem Leerstandsanstieg beigetragen.
Kurzes Tief bei den Fertigstellungen, Tendenz wieder steigend
Nachdem in den letzten beiden Jahren relativ viel Fläche fertiggestellt wurde, ist dieser Trend aktuell kurz unterbrochen. Bis Ende 2022 sollen insgesamt rund 150.000 m² fertig werden, bis jetzt wurden aber erst knapp 25.000 m² fertiggestellt, wovon rund 21.300 m² dem DEKA-Neubau zuzurechnen sind. Bis Jahresende kommen mit dem ONE im Europaviertel und dem FLOW in Gateway Gardens noch zwei größere Objekte auf den Markt, in beiden Objekten stehen noch Flächen in einer Größenordnung zwischen jeweils 25.000 m² bis 30.000 m² für eine Anmietung zur Verfügung. Die Vorbelegungsquote im Jahr 2022 liegt Stand heute bei 55 %. In 2023 sollen dann wieder rund 254.000 m² auf den Markt kommen, wovon etwa ein Viertel schon vermietet ist. „Da sich die Baukosten verteuern und sich Projekt leider durch Lieferkettenengpässe und fehlendes Personal verzögern können, ist eine frühe Marktsondierung heute noch wichtiger als früher“, hebt Nguyen hervor. „Zwar sind in Zukunft viele Projekte geplant, welche aber genau wann zur Realisierung kommen, ist heute noch nicht genau zu sagen. Die gute Nachricht ist aber, dass Unternehmen aus einem großen Angebot schöpfen können,“ ergänzt er.
Stabile Nachfrage bei hohen Preisen, aber kaum Großdeals
Der Frankfurter Büromarkt steht nach den ersten sechs Monaten des Jahres besser da als 2020 und 2021, aber das Vorkrisen-Niveau ist noch nicht erreicht. „Kleiner aber dafür teurer“ könnte das neue Motto im CBD werden. Die Mietpreise sind vor allem in diesem Bereich gestiegen, besonders stark in der City und im Westend, unter anderem durch die beiden größeren Projektanmietungen. „Die starke Zunahme der Nachfrage im Segment zwischen 2.000 m² und 5.000 m² zeigt ebenfalls, dass sich Unternehmen wieder verändern wollen“, sagt Kevin Nguyen. „Das merken wir bei blackolive deutlich. Abschlüsse jenseits der 10.000 m² sind im Moment jedoch eher Mangelware, zu unsicher ist die Gesamtsituation. Der Ukraine-Krieg, die noch nicht beendete Pandemie und die stark gestiegene Inflation bremsen die Gedanken eines Umzugs.“ Die letzten Meldungen über eine leichte Abschwächung der Inflation im Juni könnten die Hoffnung nähren, dass der Höhepunkt überschritten sei. Den Immobilienmarkt jedoch, der immer zeitverzögert reagiert, dürfte das nicht beeindrucken. „Bis Jahresende haben wir unsere Prognose zum Flächenumsatz daher auch leicht nach unten korrigiert, wir gehen von rund 400.000 m² aus, während die Mieten auf hohem Niveau verharren werden und unter Umständen sogar noch leicht steigen könnten“, fasst der Vermietungsleiter die Situation auf dem Frankfurter Büromarkt zusammen.